Was bedeutet Fluoreszenz?
Fluoreszenz ist eines dieser physikalischen Phänomene, mit denen wir in der Praxis recht oft zu tun haben, ohne es zu bemerken. Vielleicht sind Ihnen schon einmal die leuchtend weißen Shirts oder manchmal sogar Zähne in einem Club mit Schwarzlicht-Beleuchtung aufgefallen. Vielleicht sind sie schon einmal über die sogenannten optischen Aufheller gestolpert, die vielen Waschmitteln beigefügt werden und manchmal wegen ökologischer oder auch gesundheitlicher Bedenken in der Diskussion stehen. Oft haben Sie aber auch fluoreszierende Materialien in der Hand, ohne den Effekt bewusst zu bemerken, etwa bei frischen weißen Textilien oder auch besonders weißen Briefpapier. Das sind alles Beispiele für Dinge aus dem Alltag, die mit fluoreszierenden Stoffen behandelt wurden.
Fluoreszenz bezeichnet das Phänomen, dass manche Materialien, werden sie mit Licht in einem bestimmten Wellenlängenbereich bestrahlt, einen Teil des Lichts zurücksenden - jedoch nicht mit derselben Frequenz, sondern meist auf einer größeren Wellenlänge. Im Unterschied zu Phosphoreszenz gibt es aber kein Nachleuchten für länger als einige Nanosekunden:
Bleiben wir beim Beispiel des Schwarzlichts im Club. Schwarzlicht ist eine andere Bezeichnung für eine UV-Lichtquelle. UV-Strahlung ist genau wie das sichtbare Licht und die Infrarot-Strahlung elektromagnetische Strahlung. Die drei Strahlungsarten unterscheiden sich nur durch ihre Wellenlänge.
Das UV-Spektrum umfasst einen recht breiten Wellenlängenbereich. Der Nachbar am langwelligen Ende dieses Spektrums ist das Tiefblau des sichtbaren Lichts. Die Strahlung der UV-Lichtquellen eines Clubs treffen nun auf die Shirts der Gäste. Diese Shirts wiederum wurden entweder schon während des Herstellungsprozesses mit sogenannten optischen Aufhellern behandelt, oder diese waren Teil des Waschmittels, mit dem die Shirts das letzte Mal gereinigt wurden.
Optische Aufheller gehören zu den Fluoreszenzfarbstoffen. Das sind Stoffe, die eintreffende UV-Strahlung hauptsächlich im kurzwelligen (also blauen) Ende des sichtbaren Lichts zurückstrahlen. Der leichte (hell-)Blaustich mischt sich mit dem gelblich-braunen Farbton verfärbter Textilien und lässt das Ergebnis für unsere Augen rein weiß erscheinen. Das funktioniert nicht nur im Club, denn auch das Sonnenlicht enthält neben dem Spektrum, das wir mit unseren Augen wahrnehmen können, unter anderem ebenfalls UV-Strahlung.
Optische Aufheller, insb. in Waschmitteln, sind mittlerweile nicht unumstritten. Zum einen haften während der Wäsche nicht alle Anteile an den Textilien. Ein gewisser Teil des Stoffs landet also unverändert im Abwasser. Auf diese Weise können sich diese Fluoreszenzfarbstoffe in den Gewässern ansammeln. Das ist nicht unproblematisch, weil viele Mitglieder dieser Stoffklasse im Verdacht stehen, wie künstliche Hormone zu wirken, und auf diese Weise Einfluss auf den menschlichen Stoffwechsel und auch auf den anderer Tiere zu nehmen.
Fluoreszenz gehört genau wie Phosphoreszenz zu den Vorgängen, die als Lumineszenz bzw. kaltes Leuchten bezeichnet werden. Das Besondere an den zur Lumineszenz führenden chemischen oder biologischen Prozessen ist die Tatsache, dass Stoffe Licht im für Menschen sichtbaren Spektrum emittieren und dabei selbst nicht glühen müssen. Im Gegensatz dazu sind die meisten anderen Vorgänge, die zu für uns sichtbarem Licht führen, durch glühend heiße Körper verursacht. Bei der Sonne, den anderen Sternen, einer klassischen Glühlampe oder Halogenlampe, einer Kerze oder der Glut eines Lagerfeuers ist die Hitze der Grund für das ausgestrahlte Licht. Bei diesen heißen Körpern hat sich eben durch die Hitze das Spektrum der Wärmestrahlung weg vom Infrarot in die Richtung des sichtbaren Lichts verschoben, so dass wir es mit unseren Augen wahrnehmen können.
Der wesentliche Unterschied zwischen Fluoreszenz und Phosphoreszenz ist die zeitliche Dimension: Ein fluoreszenter Stoff hört praktisch sofort auf zu leuchten, sobald es auch die ihn anregende Lichtquelle tut. Dagegen kann ein phosphoreszierender Stoff, wie er etwa für die Beschichtung der Zeiger einer Armbanduhr benutzt wird, bis zu mehreren Stunden nachleuchten.
Praktische Anwendungsgebiete
Neben dem Schwarzlicht gibt es für das Fluoreszenz-Phänomen verschiedenste weitere Anwendungsmöglichkeiten. Silicann Systems hat mehrerer Projekte im Bereich der Keimsensorik umgesetzt. In diesen Fällen sind die fluoreszierenden Stoffe Mikroorganismen. Wenn geprüft werden soll, ob die Gewebeprobe eines Patienten bestimmte Keime enthält, dann kann diese Prüfung optisch mithilfe eines Spektrometers geschehen. Dafür müssen die Mikroorganismen zuvor auf ihre optischen Eigenschaften untersucht werden. Einige Erreger-Klassen haben nämlich fluoreszierende Bestandteile. Wenn man die dafür wichtigen Wellenlängen des aufgenommenen und daraufhin wieder als Fluoreszenz abgebenen Lichts einmal erforscht hat, dann sind weitere Prüfungen eine Sache von Sekunden: Die Probe eines neuen Patienten wird mit Licht eines bestimmten schmalen Wellenlängen-Bereichs bestrahlt. Wenn die Probe nun auf dem entsprechenden Band selbst elektromagnetische Strahlung aussendet, dann ist diese Probe mit den jeweiligen Mikroorganismen belastet. Gibt es keine Rückstrahlung in diesem Band, dann kann davon ausgegangen werden, dass die geprüfte Probe diese Keime nicht enthält.
Bisher wurden Proben untersucht, indem sie auf einer Nährlösung für mehrere Stunden unter für diese Keime idealen Bedingungen in Ruhe gelassen wurden. Anschließend wurde mit einem Mikroskop manuell nachgeschaut, ob sich eine Kultur dieser in der Petrischale entwickelt hat. Dieser manuelle Vorgang dauert 24h und länger. Eine spektrometrische Messung, die sich des Fluoreszenz-Effekts bedient, kann vergleichbare Ergebnisse innerhalb weniger Minuten liefern.
Wenn Stoffe von sich aus unter bestimmten Lichtquellen fluoreszieren, dann spricht man von Autofluoreszenz. Wenn man Stoffe nachweisen möchte, die diese Eigenschaft nicht besitzen, dann ist die Anwendung von sogenannten Fluoreszenz-Markern sinnvoll. Fluoreszenz-Marker sind Materialien, die sich an die eigentlich zu untersuchenden Stoffe anheften. Weil die optischen Eigenschaften der Fluoreszenz-Marker bekannt sind, kann man so indirekt den eigentlichen Stoff optisch erkennbar machen.
Das kennen Sie vielleicht aus Krimiserien: Ein Tatort wird mit einer nicht näher identifizierten Flüssigkeit besprüht. Danach werden unter Beleuchtung mit UV-Licht für unsere Augen Spuren sichtbar, die vorher nicht zu sehen waren. Bei einigen Körperflüssigkeiten wiederum sind autofluoreszent, d.h. für ihren Nachweis ist kein Fluoreszenz-Marker notwendig: Werden sie mit einer bestimmten Lichtquelle bestrahlt, dann emittieren sie selbst Licht in einem engen Frequenzband. Da die speziellen Anregungs- und Fluoreszenz-Frequenzen für viele menschliche Stoffe bekannt sind, gibt es für diesen Einsatzzweck spezielle Lichtquellen bzw. Filter für Lichtquellen, um gezielt einzelne Proteine anzuregen.
Die Medizin nutzt Fluoreszenz-Marker noch für viele weitere Bereiche. Sie helfen beispielsweise, gezielt einzelne Bestandteile von Zellen hervorzuheben und dadurch differenziertere Analysen zu ermöglichen. Es gibt sogar spezielle Marker für einzelne Tumor-Arten. Oft fluoreszieren diese Stoffe jedoch nicht im Bereich des sichtbaren Lichts, so dass in den Laboren oft Spektrometer für die Auswertung genutzt werden.
Ein wichtiges Einsatzfeld ist zudem der Reinheits- oder Herkunftsnachweis von Chemikalien für die Produktion von Medikamenten und anderen sensiblen Erzeugnissen. Manchmal sind die Bestandteile wieder autofluoreszent und können einfach durch spezielle Beleuchtung unterschieden werden. In anderen Fällen geben die Hersteller auch direkt spezielle Marker zu dem Produkt, damit in späteren Fertigungsschritten nachgewiesen werden kann, dass es sich um das Original und nicht um Fälschungen handelt. Diese Prüfungen geschehen meist automatisiert direkt an der Fertigungslinie: Inline-Spektrometer überwachen die durchlaufenden Stoffe kontinuierlich, während der laufenden Produktion.
Selbst vermeintliche Low-Tech-Branchen wie die Landwirtschaft nutzt mittlerweile Fluoreszenz-Effekte. Auch das in fast allen Pflanzen enthaltene Chlorophyll etwa fluoresziert. Kennt man die Pflanzenart und ihren üblichen Chlorophyllgehalt, dann kann auf diese Weise mit Hilfe eines Spektrometers indirekt gemessen werden, wie es um die Düngung des Bodens steht: Ist der Chlorophyllgehalt niedriger als erwartet, dann fehlen der Pflanze die Nährstoffe, um genug der Moleküle herzustellen. Auf diese Weise ist es schon jetzt möglich, Überdüngung zu vermeiden und so nachhaltiger mit dem Boden und dessen Umgebung umzugehen.
Mit der weiteren Verbreitung von Spektrometern werden sich zukünftig sicher noch viele weitere Anwendungsfälle offenbaren, bei denen wir das ursprünglich recht esoterische Phänomen der Fluoreszenz im Alltag nutzen werden.