Regenbogenfarben
Regenbögen faszinieren die Menschheit wohl schon seit Tausenden von Jahren. Sie wurden in die religiösen Mythen der verschiedensten Kulturräume verwoben. Gerade das Phänomen, dass man sich dem Regenbogen nie nähern kann, hat die Fantasie der Menschen angeregt. Sagen von Goldtöpfen oder anderen Schätzen am Ende eines Regenbogens sind in vielen Ländern bekannt.
Aber wie entsteht ein Regenbogen eigentlich wirklich? Für einen Regenbogen braucht es, wenig überraschend, eine Regenwand und eine Lichtquelle. Das ist zumeist die Sonne, aber es gibt z.B. auch die viel selteneren Mondregenbögen. Und wir brauchen menschliche Augen.
Die Sonne muss sich im Rücken der Person befinden, und die Regenfront vor der Person. Dabei darf die Sonne nicht allzu hoch am Himmel stehen, d.h. an Vor- und Nachmittagen stehen die Chancen für einen schönen Regenbogen deutlich höher. Insbesondere im Sommer wird es jedoch schwieriger, da zu dieser Jahreszeit die Sonne ja bekanntlich am höchsten steht.
Ein Regenbogen ist außerdem nur möglich, weil das "weiße" Licht der Sonne aus Strahlen vieler verschiedener Wellenlängen zusammengesetzt ist. Einen Teil dieser Wellenlängen nehmen wir als Farbe wahr. Die Sonne sendet aber auch Licht, also elektromagnetische Strahlung, in Wellenlängen aus, die das menschliche Auge nicht erfassen kann, z.B. die kurzwellige UV-Strahlung und die langwellige Infrarot-Strahlung. Der für uns sichtbare Teil dieser Wellenlängen ergibt in Summe den Eindruck weißen Lichts. Die einzelnen Wellen sind aber nicht untrennbar miteinander verknüpft, sondern treffen einfach gleichzeitig bei unseren Augen ein.
Hier kommen die Regentropfen ins Spiel. An und in ihnen geschehen zwei Vorgänge, Reflexion und Brechung, ohne die wir keine Regenbogenfarben sehen könnten. Schauen wir uns zunächst den Vorgang der Reflexion an.
Die Lichtstrahlen der Sonne treffen in verschiedenen Winkeln auf die Regentropfen. Viele Strahlen treten wieder auf der Rückseite der Regentropfen aus und sind dann nicht an der Entstehung des Regenbogens beteiligt. Ab einem bestimmten Winkel der Strahlen jedoch verhält sich die Rückseite der Regentropfen wie ein gekrümmter Spiegel: Die Strahlen werden reflektiert und treten auf der Seite wieder aus, auf der sie auch eingetreten sind.
Warum werden die Strahlen im Regentropfen manchmal reflektiert und manchmal nicht? Wenn Lichtstrahlen sich durch Materialien unterschiedlicher Dichte (hier Luft und Wasser) bewegen, dann wird der Strahl im Moment des Übergangs etwas abgelenkt. Dieser Vorgang wird als Brechung des Lichts bezeichnet.
Ein Lichtstrahl bewegt sich aufgrund der Brechung im Regentropfen in einer anderen Richtung weiter als er ursprünglich verfolgte. Und beim Austritt auf der Rückseite passiert dasselbe: Wieder ändert sich die Reiserichtung des Strahls.
Verändert man gedanklich den Auftrittswinkel des Sonnenstrahls, dann ändert sich die neue Richtung immer mehr der Kante zwischen Luft und Wasser an. Erreicht der Winkel eine bestimmte Größe, dann würde der Strahl exakt entlang der Kante laufen. Ändert man den Winkel noch ein Stückchen weiter, dann ist der Moment erreicht, an dem der Sonnenstrahl gar nicht erst die Luft-Wasser-Grenze durchtritt. Stattdessen wird er an der Innenseite des Regentropfens reflektiert.
Das Ganze passiert natürlich nicht nur bei einem einzelnen Regentropfen, sondern innerhalb einer Regenwand unzählige Male.
Soweit so gut, aber mit der Erklärung wäre ein Regenbogen kein Regenbogen. Stattdessen würden wir am Himmel nur einen helleren Bereich sehen, der sich von der normal erhellten Umgebung abhebt. Es fehlt noch eine Erklärung für die Entstehung der Regenbogenfarben.
Farbe entsteht im Gehirn
Das weiße Sonnenlicht ist wie erwähnt eine Zusammensetzung von einzelnen Lichtstrahlen ganz unterschiedlicher Wellenlängen. Unsere Augen, genauer gesagt die 3 Typen von Zäpfchen auf unserer Netzhaut, sind sensibel für unterschiedliche Wellenlängenbereiche. Die resultierende Farbe ist nicht an sich vorhanden, sie ist eine Konstruktion unseres Gehirns. Wenn die im langwelligen Bereich sensiblen L-Zäpfchen durch einfallende Strahlen angeregt werden, dann wird unserer Wahrnehmung die Information "rot" weitergeleitet.
In der Grafik oben kann man erkennen, dass wir nur drei Rezeptoren haben, die ungefähr den Bereichen der Farben blau, grün und rot entsprechen. Wir müssen uns jedoch nur einmal umsehen, um zu erkennen, dass wir ja noch viel mehr als diese drei Farben wahrnehmen können. Das liegt daran, dass die Signale der drei Rezeptoren nicht nur direkt verarbeitet werden, sondern diese Signale noch miteinander verschaltet werden. So entsteht als Differenz der Signale des M-Zäpfchens (grüner Bereich) und des L-Zäpfchens (roter Bereich) die Farbwahrnehmung für gelb.
Diese Vorgänge sind im Artikel zu Metamerie etwas ausführlicher dargestellt.
Regenbogenfarben und ihre Wellenlängen
Die Wellenlängen des sichtbaren Lichtes reichen von ca. 380 nm im violetten Bereich bis zu ca. 700 nm im tiefroten Bereich. Innerhalb dieses Bereichs gibt es eine im Grunde unendliche Anzahl von verschiedenen Farbwahrnehmungen. Einzelne Farben treten in unserer Wahrnehmung aber deutlich als eigene Farben hervor. Das sind die Regenbogenfarben, und deren Farbreize entsprechen alle ungefähr einer bestimmten Wellenlänge. Ganz fest definieren lassen sie sich nicht, weil sich die Farbwahrnehmung von uns Menschen ein wenig unterscheiden kann.
Die genaueren Wellenlängen der einzelnen Farben des Regenbogens stehen in der folgenden Tabelle:
Violett |
380–420 nm |
|
Blau |
420–490 nm |
|
Grün |
490–575 nm |
|
Gelb |
575–585 nm |
|
Orange |
585–650 nm |
|
Rot |
650–750 nm |
Die Regenbogenfarben werden auch als Grundfarben oder Spektralfarben bezeichnet.
Wie viele Farben hat der Regenbogen?
Eben wurden 6 Farben als Regenbogenfarben genannt. Manche Menschen sprechen auch von sieben Farben im Regenbogen. Isaac Newton etwa hat die Theorie der Farbwahrnehmung vor über 300 Jahren wesentlich geprägt und sprach immer von 7 Primärfarben. Newton ordnete zwischen blau und violett noch indigo ein, einem tiefen Blauton, der aber noch nicht dem Violett zugeordnet werden kann. Heutzutage kann nur darüber spekuliert werden, warum Newton diese Differenzierung des Blau-Bereichs am Herzen lag. Ein Erklärungsgrund ist die zahlenmystische Bedeutung der Zahl sieben. Dazu kommt erschwerend, dass damals auch nur 7 Planeten bekannt waren, die um die Sonne kreisen.
Andererseits war die Farbe bzw. das Material Indigo damals von großer Bedeutung, vielleicht waren Newtons Augen deshalb so geschult, diese einzelne Farbe differenzieren zu können.
Eine dritte Möglichkeit: Vielleicht war Newton auch besonders sensibel im hochfrequenten Bereich, so dass er noch Wellenlängen sehen konnte, die die meisten Menschen bereits dem unsichtbaren UV-Spektrum zuordnen würden. In diesen Extrembereichen an den Grenzen des sichtbaren Lichts können manche Menschen teilweise noch 20 nm und weiter über den normalen Bereich von 380 nm bis 700 nm hinaus sehen. Die Augen dieser Personen haben dann jedoch keine zusätzlichen Rezeptor-Typen, so dass sie diese besonders kurzwelligen Lichtstrahlen einfach weiterhin als violett wahrnehmen und besonders langwelliges Licht als tiefrot.
Lichtbrechung ist Wellenlängen-abhängig
Zurück zu unseren Regentropfen: Weil Wasser und Luft unterschiedliche Dichte haben, werden Lichtstrahlen immer an der Kante des Materialübergangs gebrochen. Der Brechungswinkel ist abhängig vom spezifischen Materialmix. Im Physik-Unterricht haben wir alle gelernt, dass im Falle des Luft-Wasser-Übergangs der Brechungsindex 1,33 beträgt. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Der Brechungsindex hängt u.a. von der Temperatur ab, der Wert von 1,33 ist korrekt für eine Umgebungstemperatur von 20 °C.
Für die Entstehung eines Regenbogens viel wichtiger ist jedoch, dass dieser Brechungsindex auch von der Wellenlänge abhängt. Der Unterschied zwischen blau und rot, den beiden Polen des sichtbaren Lichts, beträgt zwar nur gut 1 %, aber diese Abweichung reicht aus, um die einzelnen Spektren des Sonnenlichts aufzufächern und die typischen Regenbogenfarben zu erzeugen.
Dieses Rätsel wäre also gelöst. Jetzt muss nur noch ein Mysterium aufgeklärt werden:
Warum ist der Regenbogen rund?
Bisher haben wir die Regentropfen der Einfachheit halber als Kreis dargestellt. In Wirklichkeit sind sie jedoch ungefähr kugelförmig. Und das hat natürlich Auswirkungen darauf, wie die Strahlen reflektiert werden. Durch die gekrümmte Innenfläche werden eintretende Sonnenstrahlen in die verschiedensten Richtungen reflektiert. Ein Teil von ihnen erreicht unser Auge. Viele andere Strahlen landen woanders und werden von uns deshalb nicht wahrgenommen.
Aus dem Blickwinkel der betrachtenden Person ergibt sich ein Lichtkegel, dessen kreisförmige Basis auf der Regenwand liegt und dessen Spitze das Auge des Betrachters ist. Entlang dieser Achse vom Kreismittelpunkt zur Spitze liegt, weit hinter der beobachtenden Person, auch die Sonne.
Weil wir mangels Flügeln meist auf dem Boden stehen können wir auch nur die Hälfte des Kreises sehen - eben die bekannte Regenbogen-Form.
Wer häufig mit dem Flugzeug fliegt, hat also grundsätzlich auch die Chance, einen kompletten Regenbogen-Kreis beobachten zu können. Dafür müssen nur die Sonne als Quelle der Strahlen, das Flugzeug und die Regenfront auf einer Linie liegen.
Damit sind die meisten Mysterien rund um den Regenbogen und seine Farben gelüftet. Das macht sie zwar weniger geheimnisvoll, aber genauso schön ist ihr Anblick noch immer.